Uwe Fleckner Das Atelier
Uwe Fleckner, Sommersemester 2014
56-602 Das Atelier
2st. Proseminar
Di 12.00-14.00, ESA W, Rm 120
Beginn: 8.4.2014
Der Blick ins Atelier bietet seit jeher ein ganz besonderes Sujet der Bildenden Kunst. Darstellungen des Künstlers bei der Arbeit, Darstellungen seines handwerklichen wie intellektuellen Lebens- und Produktionsumfeldes haben eine Metagattung begründet, deren Gestaltungsabsicht nicht allein auf die Wiedergabe von Personen und Dingen im Raum zielt, sondern immer auch autoreflexive Gesichtspunkte ins Zentrum des Bildverständnisses rückt. Historisch haben sich für diesen Themenbereich der Kunst zwei Untergattungen herausgebildet, die beide bis in unsere unmittelbare Gegenwart hinein zu den wichtigsten Zeugnissen künstlerischer Selbstwahrnehmung zu rechnen sind. Zum einen haben wir es bei Darstellungen eines Malers, Bildhauers oder Fotografen im Atelier oder in sonstigen Arbeitssituationen mit solchen Werken zu tun, in denen eine Demonstration von sozialem Status und/oder ästhetischem Habitus den Künstler bei der Wahl seines Gegenstandes geleitet hat. Zum anderen hat sich die Darstellung des Ateliers als menschenleerer Raum zu einem Bildsujet entwickelt, bei dem sich die Inszenierung des Motivs als Manifest künstlerischer Überzeugungen und die pikturale Anspielung auf seinen – freilich abwesenden – Besitzer zu einem metonymischen Porträt des Künstlers verbinden. Mit dem Anbruch der Moderne um 1800 gewinnt das Atelier als Freiraum ästhetischer Autonomie eine ganz neue Bedeutung für den Künstler und seine Arbeit; die Tätigkeit des Malers oder Bildhauers erfährt eine Sakralisierung, die schöpferische Arbeit wird zum »Gottesdienst« einer romantischen Kunstreligion stilisiert. Diese Entwicklung, bei der die zunehmende Loslösung von tradierten Bindungen dadurch aufgewogen wird, dass die Kunst selbst sich die Metaphern des Kirchlichen und des Höfischen aneignet, und der Künstler als Malerpriester oder Malerfürst auftritt, schlägt sich auch und gerade in der Einrichtung von Ateliers und Künstlerhäusern nieder: Die Werkstatt wird auf diese Weise zu einem kultischen Raum, wird zur Opfer- und Weihestätte. In der Moderne schließlich, von Makart bis Mondrian, von Schwitters bis Giacometti, evoziert die Ateliereinrichtung, mit der ein Künstler sein tägliches Tun umgibt, das Raum gewordene Programm seiner ästhetischen Überzeugungen: Das Atelier wird dabei – jedenfalls gelegentlich – selbst zum Kunstwerk. In diesem Seminar wollen wir ausgewählte Atelierdarstellungen vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart eingehenden Analysen unterziehen.
Teilnahmeberechtigt sind Studierende des 1.-4. Semesters. Teilnahmebedingung ist die Bereitschaft, ein Referat von 30 Minuten Länge zu übernehmen; die Anwesenheit und aktive Teilnahme bei allen Seminarsitzungen ist selbstverständlich Pflicht. Zum Nachweis aktiver Teilnahme schließt das Seminar mit einer für alle Teilnehmerinnen/Teilnehmer verpflichtenden Klausur.